Immobilien-Unternehmer Valeri Spady kritisiert fehlende Unterstützung für die Bauwirtschaft.
Herr Spady, blicken Sie noch durch im Dschungel der Fördermaßnahmen?
Im Großen und Ganzen schon – aber ehrlich gesagt: Es ist sogar für mich, der tagtäglich mit diesen Themen zu tun hat, eine Herausforderung geworden, den Überblick zu behalten. In letzter Zeit ist innerhalb der Förderungen ein echtes Chaos entstanden. Wenn wir ein Grundstück kaufen und entwickeln, dauert es nicht selten Jahre, bis wir darauf bauen können. Oft haben wir das Grundstück dann unter ganz anderen Voraussetzungen geplant und entwickelt, als wir am Ende Förderungen dafür erhalten. Es fehlt in diesem Bereich an Verlässlichkeit. Ein Beispiel: Die Erweiterung unserer Zentrale in Kaltenkirchen hatten wir als KfW-Energieeffizienzhaus 40 geplant. Als wir aber den Förderantrag einreichen konnten, gab es die Förderung gar nicht mehr. Da kann von Planungssicherheit keine Rede sein.
Woran liegt es, dass hier so ein Chaos entstanden ist?
Zunächst liegt das natürlich an der Bundesregierung. Sie gibt die Rahmenlinien und die Programme vor. In letzter Zeit ist ein unverständlicher Aktionismus entstanden. Dies hängt für mich im Wesentlichen mit der Regierungsbeteiligung der Grünen zusammen. Wirtschaftsminister Robert Habeck versucht die Grünen-Themen in einer Geschwindigkeit durchzuboxen, die nicht gesund ist. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass die Vorgängerregierungen vieles, gerade im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes, haben schleifen lassen. Aber diese Versäumnisse kann man jetzt nicht im Hauruck-Verfahren alles aufholen. Dazu gibt es noch weitere Gründe, die tiefer liegen: Deutschland legt sehr großen Wert auf die Autoindustrie und weitere Wirtschaftszweige. Die Immobilienbranche wurde und wird gar nicht so sehr als Motor für die Entwicklung betrachtet. Der Branche fehlt es an einer breiten Lobby und deshalb an Stabilität. Ein Beispiel sind eben die Fördermaßnahmen. Ich bin jetzt seit 20 Jahren in diesem Geschäft und habe so viele unterschiedliche Förderprogramme gesehen – von Baukindergeld bis Eigenheimzulage. All das ist heute verschwunden. Und das verstehe ich nicht: Warum schafft die Politik Dinge ab, die funktioniert haben?
Welche Auswirkungen ergeben sich daraus?
Die Baubranche gerät immer mehr unter Druck. Auf der einen Seite erhöhen sich die Preise für Baukosten sowie für dieAusgaben für Energie und Löhne. Dadurch klettern auf der anderen Seite die Preise für Häuslebauer in astronomische Höhen, so dass sich immer weniger Menschen eine Immobilie leisten können. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass eines der größten Bauunternehmen in Deutschland innerhalb eines halben Jahres rund 60 Prozent seines Wertes verloren hat. Vorher war es ein absolut gesundes und erfolgreiches Unternehmen. Dann kamen die immensen Preissteigerungen durch Pandemie und Ukraine-Krieg. Da hat ein Bauunternehmen nur eine Möglichkeit: Selbst die Preise um 30 bis 40 Prozent zu erhöhen. Und dann kommen Aussagen aus der Politik, dass die Bauunternehmer die Situation ausnutzen und sich die Taschen vollmachen. Das ist aber völliger Unsinn: Denn die Preissteigerungen sind die Realität und wenn Unternehmen diese nicht weitergeben, gehen sie selbst Pleite.
Wie bewerten Sie die aktuellen Förderprogramme für den Neubau, der für die Schaffung des dringend benötigten, zusätzlichen Wohnraums entscheidend ist?
Die Förderungen für den Neubau sind schlichtweg unzureichend. Die Bundesregierung legt ein Programm auf, bei dem es Darlehen bis 100.000 Euro bzw. bis 150.000 Euro pro Wohneinheit gibt. Allerdings sind die Kriterien so hoch, dass sie kaum erfüllbar sind oder die Energieberater so ein Haus gar nicht berechnen können. Und dann rühmt man sich damit, dass dafür 750 Millionen Euro bereitgestellt werden. Teile ich dies durch 100.000 Euro, so macht das gerade einmal 7.500 Antragsteller, die günstige Darlehen erhalten können. Was passiert mit dem Rest? Wenn jetzt 50.000 Menschen einen Antrag stellen, dann haben diese vorher in der Hoffnung ein Grundstück gekauft, ein zinsgünstiges Darlehen zu erhalten.Und dann bekommen 97 Prozent eine Ablehnung. Das ist ein fatales Zeichen. Ich schicke mein Kind nichtmal ins Kino, wenn die Chance bei drei Prozent liegt, dass es eine Karte bekommt. Und genau das passiert gerade im Bereich der Förderungen. Wenn ich als Häuslebauer kaum eine Chance auf die Förderung habe, dann fange ich erst gar nicht an. Die Bundesregierung will 400.000 Wohnungen pro Jahr, aktuell brauchen wir sogar 700.000. Da passen Fördersummen und Wunsch nicht zusammen.
Welche Lage ergibt sich daraus für aktuelle und zukünftige Immobilieneigentümer?
Diejenigen, die bereits eine Immobilie besitzen, profitieren davon. Denn die Eigentümer werden am Ende zu den Gewinnern der Situation – und dass gleich doppelt. Denn, wenn zum einen die Wohnungsnot steigt, steigen die Mieten und Eigentümer können es sich erlauben, ihre Mieten sehr hoch anzusetzen. Zum anderen steigen die Kauf- bzw. Verkaufspreise für Immobilien, weil die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt. Diejenigen, die eine Immobilie besitzen, wie 6.000 unserer Kunden, sind die Profiteure. Richtig schwierig wird es dagegen für potenzielle neue Immobilieneigentümer. Mit steigenden Baukosten, hohen Zinsen und unzureichenden Förderungen sind die Rahmenbedingungen aktuell so aufgestellt, dass die Immobilie wieder zu einem Luxusprodukt geworden ist. So ist der Weg für neue Immobilieneigentümer extrem schwer. Und das ist für die eigentlichen Ziele, wie Eigentümerquote erhöhen und neuen, günstigen Wohnraum schaffen, fatal. Wir selbst gehen zum Beispiel mit unserer Strategie „Miete = Zins“ einen außergewöhnlichen Weg, um auch Otto-Normal-Bürgern weiterhin eine Vorsorge durch Eigentum zu ermöglichen und die Immobilien-Investition nicht zu einem Produkt nur für Großanleger werden zu lassen.
Gibt es denn auch Positives in Sachen Förderungen für den Neubau?
Ja, für mich ist das Land Schleswig-Holstein in diesem Bereich eine Art Vorreiter. Hier wird zum Beispiel der soziale Wohnungsbau besonders gefördert. Dabei gibt es bis zu 1.500 Euro Baukostenzuschuss pro Quadratmeter. Die Miete ist dann auf Werte zwischen sechs und sieben Euro begrenzt. Das ist für mich die richtige Politik. Wobei auch alle wissen, dass reiner sozialer Wohnungsbau für soziale Brennpunkte sorgen kann. Es wäre aus meiner Sicht also noch sinnvoller, Mischbau zu fördern, mit einem gewissen Anteil sozialem Wohnungsbau. Wenn solche Wege weitergegangen werden, sehe ich Chancen, den Neubau wieder in Schwung zu bringen. Das Wichtigste dazu ist: Genügend Geld bereitstellen, damit der Neubau trotz gestiegener Preise für Rohstoffe und Nebenkosten bezahlbar und vor allem für Bauträger attraktiv bleibt. Zusätzlich braucht es mehr Stabilität, damit die Häuslebauer und Bauunternehmen sicher planen können.
Vielen Dank für das Gespräch!